Polnisches Motorradtreffen

Hallo Ihr,

nachdem Sachas Dnepr lief, sind wir in Richtung Norden gefahren. Ein komisches Gefuehl, wenn man sich die naechsten 200 km auf die Haltbarkeit zweier Kleber an einem Magneten verlassen muss.

Noerdlich von Posen ging es immer noerdlich mit dem Ziel des kleinen Staedtchens Debrzno, an dem an diesem Wochenende ein Motorradtreffen stattfinden sollte. Eine Fahrt durch die pommersche Landschaft ist fuer einen Motorradfahrer schoen, aber recht eintoenig: eine absolut flache Landschaft, links und rechts Heufelder, mal ein Heuballen, ein paar Buesche, ab und zu mal ein paar Baeume. Die groesste Abwechslung sind die paar Orte am Weg. Letzlich hat die Fahrt etwas fast meditatives: Die gleichmaessigen Geraeusche der Seitenventilmotoren, der Heugeruch und sonst gar nix aufregendes. Uebrigens versagt bei einer solchen Fahrt auch der komfortabelste Sattel.

Je naeher wir an Debrzno kamen, desto staerker meine Zweifel: wenn es nun (wie zB oft in Rumaenien) zwei Orte mit gleichem Namen gibt? Finden wir das ueberhaupt? Als wir in Debrzno ankamen, verstaerkte das die Zweifel: ein kleines, verschlafenes Kaff, wo normale Menschen niemals ein Motorradtreffen organisieren wuerden!
Gluecklicherweise kam nach dem Vorort noch der richtige Hauptort mit gleichem Namen. Dort fanden wir selbstgebastelte Schilder mit dem Wort Zlot. Wir wissen bis heute nicht, was das bedeutet, fuhren dem aber auf gut Glueck nach. Die Schilder fuehrten auf eine Sandpiste in den Wald und schlussendlich an einen Badesee. Und tatsaechlich, in der linken oberen Ecke des Parkplatzes befanden sich einige Motorraeder und eine Barriere. Gefunden!

Das Treffen selbst empfabnden wir als wohltuend unkommerziell: ein Esstand, ein Bierstand, ein Stand mit Shirts und tassen, und das wars dann auch schon. Ansonsten verbrachten die Teilnehmer die Zeit mit dem Roehren ihrer (meist japanischen) Motorraedern, Rumhaengen oder am Samstag mit Schlammfahren (mit anschliessendem Schlammcatchen). Wem das alles zu hektisch war, der konnte die paar Meter um den Badesee gehen und auf einer der kleinen, friedlichen Anglerpiers verweilen.

Die Motorraeder der Polen waren erwartungsgemaess recht neue Modelle – von Harley zu BMW war alles moegliche vertreten. Aber auch alte, polnische Junaks gab es zu bewundern. Ferner gab es mehrere Cliquen mit alten Dneprs und einigen wenigen Urals, sie reisten sogar mit Kuebelwagen, Marschmusik und tarnzelten an. Hauptsaechlich waren ihre Motorraeder Seitenventiler und fast alle in einem fast uebertriebenen Militaer-Trimm. Es gab sogar einen, der seine Dnepr liebevoll mit Aesten tarnte, man weiss ja nie..

Ueberhaupt waren ueberraschend viele Gespanne anwesend, darunter einige Harleys, MZ, Jawa, Dnepr.

Hier, an diesem Treffen, haben wir die bisher professionellsten und aufwendigsten Umbauten gesehen: Einer der Besucher praesentierte eine Dnepr mit einem VW-Motor, eine Arbeit von mehreren Monaten. Eine andere, sehr aesthetische Variante war der Einbau eines Sapporosch-Motors in einen Dnepr-Rahmen. Laut dem Besitzer scheint es in Polen nicht so schwer zu sein, einen solchen Umbau legal zuzulassen.

Das Treffen fand in sehr freidlicher Atmospaere statt, abgesehen von einem kleinen Streit, bei dem sich die Militaria-Clique ueber den voellig unsinnigen Motorenlaerm der Heizer-Fraktion aufregte. Die Veranstalter schlichteten, auch wenn spaeter die MG-Atrappe zufaellig auf die Motorraeder der Gegner gerichtet war. Ich hoffe, dass hier in Polen nur Atrappen von Gewehren erlaubt sind.

Musikalisch bot die Hauptband am Freitag vor allem Blues, am Samstag trat eine ACDC-Coverband auf. Davor gab es allerdings noch eine Preisverleihung, die wir mangels Polnisch-Kenntnissen aber nicht weiter interessiert verfolgten. Erst als wir Romier und Regina, Kilometri, Schweizaria, Dnepr hoerten, daemmerte uns was. Und siehe da, wir bekamen den Preis fuer die laengste Anfahrt, die inzwischen doch gute 13000 km betraegt. Leider konnten wir keine coole Ansprache auf polnisch halten – naechstes Mal dann. Die stolzen Preistraeger nach uns haben uebrigens alle ihr blankes Hinterteil praesentiert – haetten wir das mal frueher gewusst!
Ach ja, der Preis enthielt ein Diplom auf einer alten Schallplatte, die leider schlechte Chancen hat, daheim heil anzukommen. Ausserdem bekamen wir noch einen Jonny Walker (Black Label) mit auf den Weg. Auf den wird Sacha sicherlich besser aufpassen.

Das Treffen war insgesamt sehr gelungen, aber leider scheiterten groessere Gespaeche an der Sprache. Einige Polen sprachen Englisch, einige sogar ein sehr gutes Deutsch. Leider ergaben sich die interesseranteren Gespraeche erst kurz vor Abfahrt. Ich hatte das Gefuehl, dass die Polen entweder sehr zurueckhaltend sind oder nicht gerne Fremdsprachen sprechen, obwohl sie es gut koennten.

Wenn wir spaeter etwas mehr Zeit haben, werden wir Euch noch ein paar Impressionen des Treffens reinstellen.

Schoene Woche auch, herzliche Gruesse aus Poznan,
Regina

dnepr1

SV mit kleinem Zusatzscheinwerfer

dnepr2

Dnepr mit VW Motor

dnepr3

Dnepr V4 mit russischem Motor

dnepr_besizer

Herzlicher Dneprfahrer

schlammerei

Fango-Packung fuer die Dnepr


2 Responses to “Polnisches Motorradtreffen”

  • Monika (Polen) Says:

    Hallo, ich lese und sehe, dass Ihr Reisepläne sehr faszinierend sind. Die Atmosphäre in Debrzno war toll- man kann dort ganz gut Zeit verbringen. Sie haben wahrhaftig schöne Fotos.
    Einen schönen Aufenthalt in Polen! grüße 😉

  • Martin. Says:

    Zlot bedeutet „Rallye“…