Querschnitt Estland: Soviet Kasernen und Burgen

Hoi Zusammen,

lange ist es her, dass wir ein Internetkaffee gefunden haben. Estland ist zwar eine einzige, riesige Wireless Zone (man kann wirklich fast ueberall Internet empfangen und eigene Schilder weisen auch draufhin), aber ohne einen Schlapptop bringt uns das leider nicht viel. Und weil eben alle einen eigenen Compi haben, gibts eher weniger Internetkaffees. Also verzeiht uns, wenn wir uns eher weniger melden koennen. Zu den letzten paar Tagen:

Von Paernu aus sind wir in Richtung Nord-Westen nach Virtsu, wo wir die Faehre genommen haben, um auf die Insel Muhu zu gelangen. Wir hatten extremes Glueck, da waerend der Faehrfahrt ein grossen Unwetter niederging. Als wir auf der Insel angekommen sind, war das Wetter (bis auf ein paar kleine Schauer) wieder ok. Waehrend eine Caffee Pause haben wir dann erfahren, wo die von uns gesuchte ehemalige Sowjet-Raketenbasis zu finden ist. Der Chef des Caffees hat uns einen kleinen Plan gezeichnet, da diese Base, in der Naehe des Dorfes Piiri, in keinem Touistenplan (und auch nicht ausgeschildert) zu finden ist.

Damals waren in dieser Base einige mobile Abschussrampen fuer Kurz- und Mittelstrecken Racketen (die grossen Oemmels, also Nucleardinger) stationiert, die wohl auf Westeurope geziehlt haben. Jetzt sind nur nor ein paar verrottete Haeuser, ein paar verrostete Bunker und ein paar Hangare sichtbar. Das ganze Areal wird heute als die wohl coolste Motocrossstrecke Estlands verwendet. Vor 30 Jahren waeren wir wohl weder so einfach da reingekommen noch heil wieder rausgekommen…

missile

Hier waren mal hochexplosives Zeugs (Nuclearraketen) versteckt

Von Piiri gings dann weiter ueber einen Damm auf die Nachbarinsel Saarema, wo wir den rund 100 m breiten Meteoritenkrater in Kaali angeschaut haben. Danach sind wir weiter zur groessten Stadt der Insel, Kuressaare, gefahren. Da haben wir die Bischofsburg von aussen angeschaut, da im Innern ein Museum ist.

Am naechsten Tag sind wir nach Karujaerve, wo es weitere Ruinen einer ehemaligen Soviet Basis gibt. Einzig ein verblasstes Bild auf einer Mauer hat auf die Zeit der damals glorreichen, roten Armee erinnert – ansonsten gab es nur geplünderte Ruinen von vielen Kasernen zu sehen.

bild

Bild zeigt die vergaenglichkeit der Rote Armee

Nach dieser kurzen Exkursion haben wir in Panga die sehr idyllische „Steilkueste“, die immerhin 21 Meter hoch ist, angeschaut. Danach gings weiter zu ein paar typischen estischen Windmuehlen sowie einer mittelalterlichen Kirche. Abends versuchten wir eine Unterkunft zu finden, was sich als Problem herausstellte, da die Sommersaison fuer die Esten wohl komplett vorbei ist.

Mangels Unterkunft sind wir somit halt wieder zum Festland uebergesetzt in der Hoffnung, dort einen Campingplatz oder ein Motel zu finden. Allerdings mussten wir dann doch noch rund 50 km zuruecklegen, um in Haapsalu ein Hostel zu finden. Haapasalu ist eine schoene und normalerweise auch sehr touristische Stadt (es hat eine Ruine einer Bishofsburg) . Als wir abends durch die Strassen gingen, war es allerdings fast unheimlich: fast kein Licht in den Haeusern und fast keine Menschen auf der Strasse.

Das naechste Ziel unserer Reise waren eigentlich die Ruinen eines Herrenhauses. Diese fanden wir auch, aber es gab etwas, dass speziell Sacha mehr interessierte, naemlich den riesigen Hangar hinter der wirklich schoenen Ruine des Hauses: Eine weitere Hinterlassenschaft der Russen in Estland und für uns auch eine der interessantesten. Schnell fanden wir die Einfahrt zum ehemaligen Flughafen, zu dem der besagte Hangar gehörte. Als wir auf dem langen Rollfeld standen, kam ein Fahrradfahrer (!) auf uns zu. Der Este erklaerte uns auf Englisch, dass auf diesem Areal früher MIG 21 und MIG 23 gestartet waehren. In seinem Sommerhäuschen hätte beim Start der Maschinen jedesmal die Küche gebebt und reden wäre dann kaum mehr möglich gewesen. Bis zu 50 Maschinen wären hier stationiert gewesen. Dann schilderte er uns den Abzug der Russen, der mit riesigen Transportflugzeugen von statten gegangen sein soll. Am Schluss des kurzen Gesprächs nannte er uns eine astronomisch hohe Zahl, was die Errichtung dieses Areals gekostet haette. Und heute, so meinte er leicht resiginiert, sieht man ja, wofür das noch gebraucht werde. In diesem Moment fuhr ein Fahrschulauto vorbei… Im übrigen kamen uns auch ambitionierte BMW-Fahrer entgegen, die ihr Schätzchen mal probefahren wollten und den Spuren auf den beiden Rollfeldern war zu entnehmen, dass es hier auch Beschleunigungsrennen gibt. Das Gebiet gehört heute übrigens der estischen Armee, aber sie scheint nur einige der Hangare für Lagerzwecke zu benutzen. Für uns wär das jedenfalls der Ort schlechthin für die tollste Russen- und Chinesenboxerparty in Europa!

herren

Herrenhaus, seid 1908 am Zerfallen

hangar1

Grosser Hangar mit ganz kleiner Regina

hangar2

Mig Parkplatz

startbahn

Frueher Migs, nun Ostboxer am starten

Eine andere Sehenswuerdigkeit an diesem Tag waren eine mittelalterliche Kirche in Harju-Risti mit einem halbrundem Turm und eine Ruine eines Zisterzienserklosters in Padise.

halbkirche

Halbrunder Turm, ob wohl der BauHERR Kosten sparen wollte?

Auf der Suche nach der nächsten Übernachtungsgelgenheit kamen wir an einem Schild vorbei, auf dem ein Zelt abgebildet war und das in den Wald zeigte. Wunderbar, das Wetter passte und Vorraete waren vorhanden. Einen richtigen Campingplatz fanden wir nicht, allerdings wurde uns nach einiger Zeit klar, dass das hier „estisches organisiertes Wildcampen“ war: An mehreren Stellen in dem Wald, der an die Ostseeküste grenzte, waren sehr gepflegte Grillstellen, mit hölzernen Klohüttchen, Abfalleimern sowie Tischen und Bänken. An zweien dieser Orte durfte man sein Zelt aufstellen – einen solch luxuriösen und schönen Platz hatten wir selten davor und das gratis! Können wir sehr enpfehlen.

Von der Küste fuhren wir tags darauf zu einem kleinen Ort südlich von Tallinn (Kurtna), um ein Motorradmuseum anzuschauen. Das Museum selbst war eine nette, kleine Sammlung mit den üblichen russischen Maschinen, ein paar BMWs, einigen Harleys, Indians sowie einigen Rennmaschinen im oberen Stockwerk. Ein schönes Exponat war eine Jawa 350, mit der der Besitzer in den 70er Jahren Reisen von Tallinn aus nach Archangelsk und Vladiwostock unternommen hat.

iawa

Reisejawa

Auf dem Weg nach Narva (das nordoestlichste Ziel dieser Reise) schauten wir uns noch die kleinste Festung von Estland an: der Turm (wirklich nur ein Turm) von Kiiu.

Nun sind wir in Rakvere und haben bereits die ersten Entfernungsschilder nach St. Petersburg gesehen (Peterburi 340 km). Aber wir können Euch beruhigen: wir haben kein Visum für Russland. Schade eigentlich, denn die Dnepr und die Chang-Jiang fahren noch.

So, nun wuenschen wir euch noch was Schoenes.

Regina + Sacha


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